Insurance and Innovation

Jemand hat mich einmal gefragt, was ich mir unter Digitalisierung der Versicherungen vorstelle. Ich muss zugeben meine Antwort war sehr einseitig:
Digitalisierung sei die Verlagerung des Produktionsprozesses ins Internet. In erster Linie habe ich dabei an den Absatzprozess gedacht. Das war zu kurz gegriffen.

Einen ganzen Strauß inspirierender Geschäftsideen im Zusammenhang mit der Digitalisierung bindet das Büchlein Insurance and Innovation 2015, herausgegeben von Andreas Eckstein und Axel Liebetrau, zusammen. Lesenswert sind in diesem Zusammenhang besonders die Abschnitte

  • Digitale Disruption – Wie Start-Ups die Versicherungsbranche revolutionieren wollen (Jens Jansen)
  • Aus Hype wird Wertschöpfung: Ein Versicherer begibt sich auf die digitale Reise (Mirko Kühne / Sascha Däsler)
  • Zero Distance – Wie die Digitalisierung die Customer Journey in der Versicherungsbranche verändert (Kai Schichtel / Raffael Targowski / Eike Folkerts) sowie
  • Wie beeinflussen Facebook, WhatsApp, Skype & Co die Anforderungen an den Kundenservice der Zukunft (Andreas Grigull / Marion Thiessenhusen / Denis Klauß)

Natürlich betrifft die Digitalisierung nicht allein den Absatz, sondern genauso gut den Produktionsprozess und erst recht die Beschaffung. Genau genommen ist die Digitalisierung von Beschaffung und Produktion in der Versicheungsindustrie bereits weit fortgeschritten: Aus Teilprozessen wie Datenaustausch mit Rückversicherern, Kalkulation, Solvenzanalyse, Kundenservice, Mengen- und Qualitätskontrolle ist Kollege Computer heute gar nicht mehr wegzudenken.

Und dennoch: Versicherungen stehen in puncto Digitalisierung gefühlt noch ganz am Anfang. Warum ist das so? Es liegt eben doch am Absatz. Der Point of Sale verlagert sich in ganz vielen Lebensbereichen ins Internet. Mit e-Banking gilt das auch für die Finanzbranche. Und was tun Versicherungen? Sie schließen ihre Verträge wie eh und je traditionell über ihren Außendienst ab. Schriftlich auf bedrucktem Papier.

„Das muss so sein”, sagen die einen, denn nur ausgebildete und qualifierte Vermittler können im Beratungsgespräch den Versicherungsbedarf analysieren und so konkrete Empfehlungen aussprechen.
Wohl gesprochen. Verbraucherschutz und qualifizierte Beratung stehen ganz oben auf den To-Do-Listen der deutschen und europäischen Finanzaufsichten.
„Man muss sich nicht physisch gegenübersitzen, um miteinander zu kommunizieren”, sagen die anderen, „es genügt, sich online in einem Chat zu begegnen.” Der Mitschnitt des Chats kann gleichzeitig als Beratungsdokumentation dienen.

Und was will der Kunde? Ich glaube, er will individuell beraten werden. Aber er will dazu weder besucht werden, noch das Haus verlassen müssen. Auch will er die Informationsbeschaffung und die Beratung jederzeit beiseite legen können, um dann zu passender Gelegenheit genau dort weiter zu machen, wo er zuvor unterbrochen hat. Dabei bedient er sich gerne unterschiedlicher Medien:

  • PC: Webportal des Anbieters
  • Smartphone/Tablet: App des Anbieters
  • eMail
  • DE-Mail und ja:
  • das gute alte Telefon.

Für die vielfältigen digitalen Kommunikationswege zwischen Anbieter und Kunde hat sich der Begriff „Omnikanal“ etabliert.

 

Das 8–Stufenmodell von John P. Kotter

Leading Change, der Klassiker in der Change-Management-Literatur erschien 1996. Und er ist immer noch brandaktuell. Aktueller denn je vielleicht, denn die Änderungsgeschwindigkeit der Umwelt nimmt durch die Digitalisierung zu. 2012 war daher Zeit für eine Neuauflage und Modernisierung des Klassikers.

Der Titel ist Programm: Veränderung kann nicht „gemanaget“ werden. Sie bedarf der Führung durch eine oder mehrere Führungs-Persönlichkeiten, Identifikationspersonen und Meinungsbildner: Leader eben.

Entwickungsschritte: Um mitzuhalten, muss ein Unternehmen sich permanent weiterentwickeln. Das geschieht kleinschrittig nebenbei. Ein Change-Prozess ist mehr.

Das Acht-Stufenmodell nach John P. Kotter
Das Acht-Stufenmodell nach John P. Kotter

Von Zeit zu Zeit sind radikalere Entwicklungssprünge notwendig. Dem Änderungsprozess kommt dann zentrale Bedeutung zu. Was ist der Anlass für solche Änderungsnotwendigkeiten? Wie gelingt es, daraus gestärkt wieder hervorzugehen? Welche Fehler gilt es zu vermeiden? Welche Stufen durchläuft der Prozess? Diese Fragen illustriert Kotter lebhaft und sehr lesenswert mit anschaulichen Praxisbeispielen.

In seinem späteren Werk A Sense of Urgency, 2008, fokussiert Kotter auf die erste Stufe seines Modells. Getreu nach dem Motto: Die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt.

Ich empfehle zur Lektüre das Original.

 

 

Who moved my cheese?

Kürzlich las ich diese hintergründige kleine Parabel von Spencer Johnson über die Mäuse Sniff & Scurry und die Kleinen Leute Hem & Haw.

Konfrontiert mit der existenziellen Bedrohung „Wer hat meinen Käse verschwinden lassen?“ reagieren die vier Charaktere extrem unterschiedlich. Vielleicht dachte Johnson an Äsops Fabel vom Fuchs und dem Raben als er sich diese niedliche Geschichte über alten und neuen Käse einfallen ließ. Seine Moral lässt diejenige Äsops jedoch weit hinter sich.

Es kommt gar nicht darauf an, wer den Käse verschwinden ließ. Auch Schmeicheleien bringen den Käse nicht zurück. Käse gibt es überall – man muss ihn nur finden und die Suche danach genießen. Es ist einfacher als Hem und Haw zuerst glauben.

Move with the Cheese and enjoy it

Wer wie Haw noch zaudert, statt sich auf die Suche zu machen, dem sei die kleine Parabel wärmstens empfohlen.

Neugierig geworden? Für ganz eilige Mäuse gibt es ein verkürztes Video.

Erschienen: Lebensversicherungen und Betriebliche Altersversorgung

rossmann_2807_leben_bav_U1_rgbDie vollständig überarbeitete 2. Auflage des Lehrbuchs Lebensversicherungen und Betriebliche Altersversorgung ist gerade erschienen.

Brandaktuell und unverzichtbar auch für fertige Versicherungsfach- und -kaufleute. Das sage ich nicht nur, weil ich einer der Autoren bin, sondern ich sage es aus tiefster Überzeugung!

Das Buch stellt umfassend die Durchführungswege der bAV dar und beleuchtet rechtliche und kalkulatorische Grundlagen der Produktgestaltung auch vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase und des Verbraucherschutzes.