Assekurata Marktausblick Lebensversicherung 2016/2017

Alle Jahre wieder analysiert Assekurata gewohnt scharfsinnig den Lebensversicherungsmarkt. Im Februar 2016 titelte Chef-Analyst Lars Heermann mit der guten Nachricht „Dank Zinszusatzreserve: Garantiezinsanforderung im Bestand sinkt weiter“. Die Anstrengungen der Branche zeigten also Wirkung. Vermittels substantieller Zuführung von inzwischen kumuliert 32 Mrd. EUR lassen sich die Verpflichtungen in den Büchern der Lebensversicherer künftig erfüllen, wenn eine Verzinsung in Höhe von 2,59 % erzielt werden kann. Die Kapitalanlagen der Branche erwirtschafteten 2015 noch eine dafür ausreichende Nettoverzinsung in Höhe von 2,86 %.

Die Luft ist dünn, reicht aber zum Atmen.

Dennoch wird der für die Höhe der Zinszusatzreserve maßgebliche Referenzzins von 2,88% Anfang des Jahres 2016 weiter sinken. Assekurata sagte deshalb für Ende 2016 eine weitere Erhöhung der Zinszusatzreserve um rund 12 Mrd. EUR voraus.

Nun lag zum Jahreswechsel die Rendite 10jähriger Staatsanleihen noch bei 0,6%, seit März 2016 dümpelt sie bei 0,2%. Für Assekurata war das Anlass genug, eine sehr lesenswerte Ergänzung zur Überschussstudie herauszubringen: die 23 seitige Studie „Marktausblick Lebensversicherung 2016/2017“. Sie kann unter diesem Link kostenlos von Assekurata bezogen werden.

Dr. Reiner Will, Mitbegründer der Ratingagentur, stellte am 21.2.2013 die damalige Überschussstudie 2013 in einem Interview bei Asscompact TV dar. Dieses Interview ist auch heute noch sehr sehenswert – erklärt es doch anschaulich die Zusammensetzung der Überschussbeteiligung von Lebensversicherungen, die Problematik der Beteiligung an den Bewertungsreserven und den Dauerbrenner: Zinszusatzreserve. Das Interview endet mit einem Marktausblick mit vielen Prognosen an die zukünftige Produktlandschaft, die sich inzwischen bewahrheitet haben. Viele der im Interview genannten Größen werden in der aktuellen Studie „Marktausblick Lebensversicherung 2016/2107“ auf den neuesten Stand gebracht.

Bemerkenswert ist Dr. Wills Bewunderung für die damalige Anstrengung der Lebensversicherer,  5 Mrd. EUR, das waren immerhin 0,74% der gesamten Deckungsrückstellungen klassischer Lebensversicherungen, abzuzweigen, um sie der Zinszusatzreserve zuzuführen.

Wie stolz kann da die Branche erst 2016 sein, wenn sie voraussichtlich 12 Mrd. EUR stemmt? Wie anstrengend wird es erst sein, wenn das pessimistische Szenario einer dauerhaften 0%-Niedrigzinsphase eintritt und bis 2025 nach der Prognose von Assekurata insgesamt 225 Mrd. EUR Zinszusatzreserve zu bilden sein werden. Selbst im optimistischen Szenario (stufenweiser Anstieg der Zinsen am Kapitalmarkt für 10jährige Anlagen auf 2,5% in 2025 ) sind in der Spitze ca. 135 Mrd. EUR bis 2023 zu stellen.

In seinem Interview 2013 stellt Dr. Reiner Will abschließend die Zukunft der Lebensversicherung und die Produktstrategien der Marktteilnehmer vor. Viele der damaligen Strategien sind inzwischen umgesetzt.

Map of Changemountains – Eine Landkarte für das Veränderungsgebirge

Systematik von Veränderungen
Landkarte im Veränderungsgebirge

Hokus Pokus Fidibus! Wenn doch Innovation so einfach wäre. Dreimal mit dem Zauberstab über einen Zylinder gewedelt und schon ist aus einer langweiligen Taube ein hippes Kaninchen geworden.

Das wahre Leben geht anders. Da ist Innovation ein Prozess, ein manchmal langwieriger Weg. Aber ein Weg, der auch Spaß machen kann. Welche Wege sind erquicklich und welche sind eher beschwerlich? Führt jeder Weg zum Ziel? Und – oh Weh: Gibt es auch beschwerliche Sackgassen ins Nirgendwo.

Wo ist der Wegweiser, der zum Erfolg führt?

Zeichnen wir eine Karte der möglichen Innovationen.

Die Ost-West Richtung – Was ändert sich?

Was sich ändert, ist höchst subjektiv. Die Änderung vollzieht sich im eigenen direkten Umfeld (intern) oder weiter weg davon (extern). Aus Sicht Mitarbeiters vollzieht sich die Änderung im eigenen Arbeitsbereich, an dessen Peripherie oder außerhalb. Aus dem Blickwinkel des Unternehmens betreffen die Änderungen Bereiche oder Unternehmensteile, sie vollziehen sich an seinem Rand, indem etwa zusätzliche Geschäftsbereiche für ergänzende, neue Geschäftsmodelle geschaffen werden, oder nicht das Unternehmen sondern nur sein Geschäftsumfeld ändert sich.

Interne Änderungen sind z.B. Neubesetzungen, Austausch einer Maschine oder einer zentralen Software. Meist sind es kleine Schritte. Manchmal sind es größere wie Umstrukturierungen und Verschmelzungen.

Periphere oder externe Änderungen sind z.B. Neugründungen, Zu- oder Verkäufe, Neu- oder Ausgründungen. Kleine externe Änderungen nehmen die meisten gar nicht als Änderung wahr: ein neuer Kooperationspartner, eine andere Werbeagentur, eine neue Bankverbindung.

Von großer Bedeutung sind Umweltveränderungen: Diese können natürlich sein (z.B. das Versiegen einer Ölquelle, eine Naturkatastrophe, eine Dürreperiode) oder wirtschaftlich wie ein andauerndes Niedrigzinsumfeld, ein verändertes Verbraucherverhalten (Das Fernsehen hätte beinahe die Kinolandschaft zerstört.) oder gesetzlich (z.B. neuerdings Schockbilder auf Zigarettenverpackungen).

Es hängt sicher auch vom Betrachter ab, ob eine Änderung intern oder extern ist: Aus Sicht des Konzerns ist selbst Outsourcing ein interner Vorgang, solange der Konzern die Mehrheit am ausgegründeten Geschäftsbereich hält. Auch aus Sicht der direkt Betroffenen stellt sich der Vorgang als interne Veränderung dar, ganz besonders dann, wenn der outgesourcte Bereich auch vorher schon als Profitcenter geführt wurde. Für die zurückgebliebenen Unternehmensteile ergibt sich eine veränderte Umwelt: Die Dienstleistungen müssen künftig extern eingekauft und bezahlt werden; vielleicht wird die Beschaffung schwieriger oder gar unmöglich, falls der outgesourcte Teil untergeht oder auf neuen Märkten viel erfolgreicher ist und es zu Ressourcenengpässen kommt.

Die Nord-Süd-Richtung – Wer ändert es?

Die Triebfeder für die Veränderungen liegt entweder im Subjekt selbst (endogen) oder außerhalb (exogen). Das Subjekt ist – genau wie eben – der Mitarbeiter oder das Unternehmen.

Umweltänderungen sind sowohl extern als auch exogen: sie geschehen einfach, ohne dass Mitarbeiter oder Unternehmen einen Einfluss darauf haben. Mit einer Ausnahme: Große, systemrelevante oder zu Verbänden zusammengeschlossene Unternehmen können durch politische Lobbyarbeit begrenzt Einfluss auf die sich verändernde Umwelt nehmen und so möglicherweise externe Änderungen verhindern oder herauszögern.

Die Umweltänderungen zwingen Mitarbeitende und Unternehmen zu Anpassungen. Diese Anpassungen sind dann interne Änderungen, die exogen veranlasst werden: Z.B. die Erschließung neuer Ölvorkommen, das Umschwenken auf alternative Energien, die Entwicklung neuer, marktkonformer Produkte (e-Zigaretten) und die Einstellung von nicht mehr nachgefragten Geschäftsfeldern.

In einer sich rasch ändernden Umwelt ist es überlebensnotwendig, ebenso rasch intern reagieren zu können. In der Biologie gibt es dafür zwei Erfolgsstategien:

  1. Überfluss: Die Bakterien beispielsweise reproduzieren sich derartig explosiv, dass es immer einige gibt, die in der neuen Umwelt besser existieren können als die vorherige Generation. Die erfolglosen Zweige sterben rasch aus.
  2. Das Bewusstsein: Denkende Menschen haben die Fähigkeit, die sich ändernde Umwelt zu begreifen, Ursachen und Wirkungen zu erkennen und dann Überlebensstrategien zu entwickeln. Das Gehirn ist der entscheidende Erfolgsfaktor, der das Überleben der höheren Lebewesen sichert. Der Mensch hat das am weitesten entwickelte Gehirn.

Anstelle von Bakterien wählte Spencer Johnson Mäuse für seine erfolgreiche Parabel „Die Mäuse Strategie“. Das Überlebensprinzip blieb das gleiche: Schnüffel und Wusel (oder Sniff und Scurry im Original) sind wegen ihrer Agilität erfolgreich. Die kleine Leute (zumindest einer von ihnen: Knobel) erkennen die Änderungsdruck und reagieren entsprechend.

Knobel reagiert. Und erkennt, wie viel besserer es gewesen wäre, zu agieren, statt zu reagieren. Er notiert seine Erkenntnisse. Er versucht, auch seinen Freund Grübel dazu zu bewegen, sich anzupassen. Doch er scheitert. In diesem Scheitern steckt eine Lehre:

Exogene Änderungen sind nicht nachhaltig: Ein Änderungsdruck, selbst wenn er von mehreren Quellen ausgeübt wird, bewirkt zwar immer einer Änderung, aber nicht unbedingt die gewünschte. Grübel verblasst statt sich weiterzuentwickeln.

Endogene Änderungen sind hingegen nachhaltiger und befriedigender: Ein Unternehmen sucht aktiv nach neuen Märkten. Ein Mitarbeiter erkennt für sich, dass es so nicht weitergehen kann, und zieht Konsequenzen. Menschen werden beispielsweise ihr Umfeld, ihren Bereich oder das Unternehmen verlassen, weil sie das für die erfolgversprechendste Strategie halten. Andere machen das, was sie immer getan haben, zukünftig anders. Auch endogene Änderungen sind aus der Sicht anderer nicht immer die gewünschten.

Die Auswirkungen von endogenen und exogenen Änderungen sind mitunter dieselben. Ich werde entlassen oder gehe. In beiden Fällen bin ich dann mal weg. Unterschiedlich ist die innere Einstellung dazu. Die Haltung variiert von „Müssen“ über „Sollen“ zu „Wollen“.

Diese Varianten kann nur ein Bewusstsein erfassen.

Die Änderungsmöglichkeiten finden ihre Grenzen im Können. Änderungen scheitern z.B. aus moralischen, motorischen, intellektuellen oder finanziellen Gründen. Daraus entsteht dann Frust. Dieser Frust kann nur durch Arbeit oder Verarbeitung abgebaut werden: Man muss mehr Möglichkeiten ausloten, um eine zufriedenstellende zu finden (Arbeit) oder man muss mit dem Erreichbaren zufrieden sein (Verarbeitung).

Die Bakterien haben kein Problem mit inneren Haltungen: Sie orientieren sich nur am Können: Entweder die können in säurehaltigem Wasser existieren oder eben nicht. Kein Grund, sich den Kopf zu zerbrechen! Wird der Hauptkunde eines Unternehmens von einem chinesischen Investor gekauft, ist das sehr wohl ein Grund, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Man sollte z.B. umgehend chinesisch lernen! Wer das nicht kann und auch keine neuen Kunden findet, muss künftig mit weniger zufrieden sein.

Endogen oder exogen ist also eigentlich nur eine Frage der Perspektive und der inneren Einstellung. So gut wie nie entsteht eine Gesellschaft von Grund auf vollständig neu. Stets entwickelt sich ein innovativer Kern einer bestehenden Gesellschaft in eine neu entstandene Nische oder in einen neu entstandenen Bedarf hinein. Die Frage ist nur, tut sie das, weil sie es so will oder weil sie es muss.

Der Schlüssel zum Erfolg besteht darin

  1. den neuen Bedarf als Erster zu erkennen bzw. zu wecken und
  2. ihn am besten zu befriedigen.

Die Höhe – Das Ursache-Wirkungs-Gefälle

In der Möglichkeit, viel zu bewirken, zeigt sich das Potenzial einer Änderung. Eine Änderungen hier bewirkt weitere Änderungen dort. Wer Änderungen anstoßen möchte, muss den ersten Stein erst einmal zum Rollen bringen. Wer Änderungen verhindern will, muss den Hang befestigen, doch er lebt gefährlich am Rande des Abhangs.

Rollt so ein Stein erst einmal, stößt er weitere Steine an und es kann daraus eine Lawine werden. Gewollt oder ungewollt. Eine Idee oder ein YouTube Filmchen – gut oder schlecht – kann viral werden. Dann kann es nicht mehr gestoppt werden. So ist das auch mit manchen Änderungen.

Änderungen, sie schnell große Wirkungen erzielen, nennt man gerne disruptiv. Die dahinter stehenden Ideen sind gerne revolutionär.

Daneben gibt es den eher sanften Pfad. Der Stein, in Bewegung gebracht, fällt ins Wasser und zieht dort aber weiter weitere weite Kreise. Solche Änderungen bezeichnet man als evolutionär. Die Polkappen werden nicht von heute auf morgen abgeschmolzen. Die Klimaerwärmung vollzieht sich ganz allmählich. Und trotzdem kann sie wahrscheinlich nicht mehr aufgehalten werden.

 

Oft sind es exogene Änderungen, die die größte Wirkung haben. Die meisten Menschen müssen zum Handeln erst gezwungen werden, denn sie haben es sich in ihrer Nische bequem gemacht.